Tischtennis [29.09.2016/bj]: "Wenn Freunde eine Reise tun, dann können sie viel erleben", heißt es umgangssprachlich. Und unsere 9-köpfige Reisegruppe, die zur Intercupfahrt nach Prag aufbrach, erlebte wirklich viel...
Von einem Meister und fitten „alten Säcken“
Martin Bajtler erzählte aus seinem Tischtennisleben. Er war ja 1998 als Betreuer und Manager von START mit in Weißenborn dabei. Jens erkannte Martin in der Turnhalle erst gar nicht. Martin ist etwas grauer geworden und hat nun „sein Wohlfühlgewicht“, wie er lächelnd bemerkte.
Martin also führte START, als das Team noch in der Extraliga (höchste Liga in Tschechien) spielte. Finanzielle Gründe waren es, die den Tischtennissport im Verein Anfang der 2000er Jahre zum Erliegen brachten. Martin suchte ein neues Betätigungsfeld.
Das fand er bei Sokol Králův Dvůr (35 Kilometer südwestlich von Prag in Richtung Pilsen). Martin wurde dort Trainer und Manager der 1. Mannschaft. Ihm gelang 2011/12 der große Coup. Mit seinem Team konnte er Tschechischer Meister werden. Wow!
Nebenbei organisierte Martin als Spielleiter die Extraliga, bevor er sich vor zwei Jahren in den „Tischtennisruhestand“ begab.
Im SK Start wird nunmehr wieder Tischtennis gespielt. Martin zog es wieder zu seinem alten Klub zurück. Seit dem Neustart in der untersten Liga ist Start sieben Mal aufgestiegen und schlägt nun in der Division Prag auf. Das ist die 5. Liga in Tschechien.
Bei der Plauderei über Tischtennis konnte Carlos natürlich über seine Mühlhäuser Zeit berichten. Die Prager waren sichtlich begeistert, als er erzählte, mit Jindřich Panský und Milan Orlowski zusammengespielt zu haben. Die beiden ehemaligen Weltklassespieler sind in Tschechien populär. Sie durften sich im Restaurant unseres Spielerabend in „Praha 5“ auch per Unterschrift auf der Promiwand des Lokals verewigen.
Jedenfalls erzählten die Start-Spieler, dass Panský und Orlowski immer noch mächtig Spaß am Tischtennis haben und die Jungen immer noch ganz gut aufmischen. Letzte Saison sind sie mit ihrem Klub KT Praha in die erste Liga aufgestiegen. Panský mit 56 Jahren und Orlowski mit 63 Lenzen führen den Neuling der Extraliga an. Die „gemütliche Truppe“ mit Tomáš Havlík, Petr Javůrek und Pavel Špaček setzt auf maximale Routinie – und wohl jede Menge Spielspaß.
Egal, was am Ende der Saison rauskommt, Hut ab!
Aus dem "Prager Tagebuch", Fr. 16. September 2016:
Vollgas voraus
Viele Wege führen nach Rom, äh, Prag. Wir entschieden uns für die Strecke über Dresden. Die Autobahn bzw. Europastraße soll dort gut ausgebaut sein, hatten wir uns sagen lassen. Gesagt, getan.
Bis Dresden ging es ordentlich vorwärts. In Heidenau machten wir einen Tankstopp für unser Erdgas-Auto. Wie sich bei der Rückfahrt herausstellen sollte, hatten wir doch einiges Glück, dass wir Nachschub bekamen. Andere Erdgastankstellen wie auch die in unserem Hermsdorf waren geschlossen. Einige Tage zuvor war im niedersächsischen Duderstadt ein Erdgasauto an einer Tankstelle in die Luft geflogen. Ein technischer Fehler am Auto war es wohl, aber in „Panik-Deutschland“ wurden daraufhin zahlreiche Erdgas-Säulen sofort dicht gemacht.
Wir bekamen unsere Füllung und die Fahrt konnte weitergehen. Die Fahrerei auf der tschechischen Autobahn ließ sich auch gut an, bis wir plötzlich vom „Highway“ runter mussten. Ein Abschnitt war komplett gesperrt, so dass die Weiterfahrt über idyllische Landstraßen und durch kleine niedliche Orte ging. Dass wir dabei sahen, dass es in Tschechen noch kleine Dorfkneipen gibt - anders als in Deutschland -, war wohltuend.
Irgendwo hinter Teplice konnten wir wieder auf die Autobahn fahren und Prag kam näher. Kurzzeitig irritierte uns das Navigationsgerät im „Führungsfahrzeug“, da unser Hotel dort im Stadtteil „Prag 11“ und nicht in „Prag 4“ lag. Zum Glück zauberte Ali eine Karte von Prag und Umgebung aus der Tasche, so dass wir sahen, dass wir schon richtig waren.
Das „Hotel Globus“, ein Sporthotel mit einer günstigen Lage dank Metroanbindung, fanden wir zügig, so dass wir nach dem Einchecken auch schon wieder in die Stadt aufbrachen. Um 8.00 Uhr waren wir am Morgen losgefahren. Halb eins waren wir da und um noch etwas von der Stadt zu sehen, drückten wir etwas auf die Tube. Die Wettervorhersagen für die nächsten Tage waren nämlich nicht sonderlich gut – und eine kleine Bootsfahrt auf der Moldau bei blauem Himmel sollte es schon sein.
In Teufels Kanal
Jeder mit einem Tagesticket (110 Kronen = ca. 4,10 Euro) ausgestattet, fuhren wir von Roztyly mit einmal Umsteigen nach Staroměstská. Dort in der Nähe sollten an der Moldau die Bootstouren losgehen. Unser „Reiseführer“ Ali hatte sich bestens belesen.
Von der Metro aus hatten wir es nicht weit bis zur Moldau. Am Rudolfinum, dem berühmten Prager Konzertsaal, vorbei waren wir nach ein paar Hundertmetern auch schon an der Moldau.
Wir nahmen das Angebot an, die knapp einstündige Tour mit einem kleineren Boot (350 Kronen = ca. 13 Euro) zu machen. Der sprachgewandte Kapitän führte uns zuerst unter der Karlsbrücke durch an den Fuß des Altstädter Brückenturms. In dieser Sackgasse liegen oberhalb Restaurants. Idyllisch.
Vorbei an der „Schwaneninsel“, die die großen Federviecher vor Jahren eingenommen haben, erzählte der Kapitän weiter über sein Prag und flirtete frisch, fromm, fröhlich, frei mit den beiden mitfahrenden holländischen Damen…
Weiter ging‘s in die Čertovka. Der „Teufelskanal“ wurde einst gegraben, um die mittelalterlichen Mühlen anzutreiben. Ein Mühlrad konnten wir bestaunen. Der Kanal war eng und vieles erinnerte an die Wasserstraßen in Venedig. Wie zuvor abgestimmt sprach unser Bootsführer auch vom Venedig-Part in Prag. Hätten wir uns am Mühlrad „vorbeidrängeln“ können, wären wir komplett an der berühmten Insel Kampa vorbeigekommen. Der Teufelskanal ist nämlich die künstliche Trennung der Insel zur Prager Kleinseite.
Beeindruckend war es, aber auch sauheiß. Vor unserer Bootstour hatten wir bei den warmen Temperaturen zum Glück lebenswichtige Getränke beschaffen können, die wir nun auf dem Wasser schippernd genießen konnten. So wurde der Ausblick auf den Hradschin (Prager Burg), den Petřín („Prags Eiffelturm“), aber auch auf die modernen und kommunistischen Bauten noch angenehmer. Unsere „Spielinsel“, also dort, wo der SK Start Prag sein Spiellokal hat, haben wir vom Boot aus ebenso entdecken können.
Nun begann unweigerlich der Magen eines Jeden zu knurren. Es war Zeit zum Essen. Wir wollten uns in Richtung der Sporthalle begeben, damit wir es am späten Nachmittag nicht mehr soweit hatten. Schließlich reisten wir ja zu Fuß an. ;)
Über die Čechův most (Čechův-Brücke) laufend sahen wir schon eine Straßenbahnhaltestelle. Beim Warten auf die nächste Bahn fiel uns eine Segway-Gruppe auf. Wir sollten später noch einige dieser Zweiradfahrertruppen sehen. Dass das Ganze koordinativ nicht ganz ohne ist, zeigten einige der (bemitleidenswerten) „Wackelkandidaten“.
Wir jedenfalls nahmen die sicher in den Kurven liegende tonnenschwere Straßenbahn und erreichten nach zwei Stationen und wenigen hundert Metern eine typische kleine tschechische Gaststätte, wo wir draußen sitzen konnten und wir bestens versorgt wurden. Knödel mit Biergulasch, Schnitzel und ja, auch Salat gab’s.
Anreise zum Spiel zu Fuß
Das Spiel rückte näher. Wohlgenährt wurde der Weg über die Karlsbrücke und am Moldauufern entlang zur Insel Střelecký ostrov (Schützeninsel) zu einem wohltuenden Verdauungsspaziergang. Am Nationaltheater bogen wir auf die Most Legií (Brücke der Legionen) ein. Das Theater sollte uns nach dem Spiel noch einmal beeindrucken. Im Dunkeln war das Gebäude eindrucksvoll beleuchtet worden. Ein herrlicher Anblick.
Wir erreichten schließlich die Schützeninsel, die an diesem Abend „unsere Tischtennisinsel“ werden sollte… Wir entdeckten dann auch das Gebäude, das mit einer deutschen Turnhalle so viel gemein hatte wie Obladen mit `nem Hamburger. Die Adresse stimmte, also spielten wir in einer Art „Schloss“.
Die Wärme beim Spiel war insbesondere für die dürstenden Weißenborner Zuschauer eine Qual. Leider gab es nichts zu Trinken, so dass man die Spieler anpumpte, etwas Wasser bekommen zu können.
Erst als das Spiel zu Ende war und Prags Wolken Tränen wegen der knappen WSV-Niederlage vom Himmel fallen ließ, entdeckten wir, dass es im unscheinbaren Foyer eine kleine Getränkeverkaufsstelle gab. Zu Spät.
Mit den Autos der Prager Spieler und Verantwortlichen fuhren wir in rasanter Geschwindigkeit zum Spielerabend in ein Restaurant in „Prag 5“. Benji, der am Nachmittag allein nach Prag gekommen war, musste da schon Tempo halten, um mitzukommen.
Mit dem Restaurace „U Žíznivého jelena“ hatten unsere Gastgeber ein uriges Restaurant herausgesucht. Im Keller saß die 20 Mann große Gruppe lang und gemütlich zusammen, bevor uns die Schließzeit der Metro (24.00 Uhr) dazu zwang, aufzubrechen.
Dank der nahen Station Anděl waren wir noch weit vor Mitternacht in unserem Hotel und konnten selig in die nächsten Tag hinein schlummern.