Tischtennis [16.07.13/bj]: Mit dem Verweis auf die Wettspielordnung des Deutschen-Tischtennis-Bundes, nach der Damen nicht in den obersten sieben Herrenligen eingesetzt werden dürfen, entschieden die Delegierten der Jahresversammlung des Thüringer Tischtennis-Verbandes am 6. Juli gegen den Antrag vom TSV 1864 Mengersgereuth-Hämmern.
Jan Clemens, Abteilungsleiter des Verbandsligaaufsteigers, hatte den Antrag gestellt:
Antrag auf Änderung des Artikel 4.3 Absatz der Wettspielordnung des Thüringer Tischtennis-Verbandes e.V. wie folgt:
4.3 Mannschaftsspiele
...
(2) Damen dürfen bis zur Verbandsliga in Herrenmannschaften mitwirken. Sie sind entsprechend der Spielstärke in derartige Mannschaften einzuordnen. In einem Verbandsligapunktspiel einer Herrenmannschaft dürfe n maximal zwei weibliche Spielerinnen mitwirken. Eine Ersatzgestellung in Herrenmannschaften oberhalb der Verbandsliga ist nicht gestattet. Ersatzgestellung in Damenmannschaften im Bereich des TTTV ist möglich.
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich eine generelle Spielberechtigung für Damen in der Thüringer Verbandsliga der Herren. Ich möchte diesen Antrag gerne etwas ausführlicher begründen.
Momentan gibt es keine Verbandsliga für Damen in Thüringen. Dies wird sich auch in naher Zukunft leider nicht ändern. Daher haben Damen mit einem gewissen Leistungsniveau nur die Möglichkeit bis zur 1. Bezirksliga Herren zu spielen. Danach bleibt nur ein Wechsel zu einer Damenmannschaft in die Thüringenliga oder Oberliga, wobei niveautechnisch gesehen 3 momentan nur die Standorte Schwarza, Leimbach oder Jena in Betracht kommen. Ein solcher Wechsel ist meist nicht realisierbar, da er zumeist einen extremen Fahraufwand mit sich bringt.
Zunehmend gibt es immer mehr Vereine, denen diese Problematik zum Verhängnis wird. So zuletzt dem Weissenborner SV, der im Spieljahr 2010/ 2011 den Aufstieg in die Verbandsliga mit Hilfe von Franziska Müller schaffte. Da Franziska Müller trotz Antrag an den Sportausschuss des Thüringer Tischtennisverbandes keine Spielberechtigung für die Verbandsliga erhielt, konnte sich die 1. Mannschaft des Weissenborner SV nicht in der Verbandsliga halten und spielt wieder nun wieder 1.
Bezirksliga. Während der Verbandsligazeit spielte Franziska Müller 1. Kreisliga, was weder für den Zusammenhalt der Mannschaft noch für die sportliche Weiterentwicklung von Franziska Müller vorteilhaft gewesen sein dürfte.
Im Übrigen ist auch dies ein Beispiel dafür, dass die bisherige Praxis gerade nicht dafür sorgt, dass es mehr Damenmannschaften in Thüringen gibt. Im Gegenteil, es führt eher dazu, dass immer mehr Frauen aus Thüringen der Sportart Tischtennis den Rücken kehren.
Ein weiterer solcher Fall ist die 1. Mannschaft des TSV 1864 Mengersgereuth-Hämmern.
Diese belegte in der letzten Saison den 2. Platz in der 1. Bezirksliga Süd und spielt nun um den Aufstieg in die Verbandsliga. Die Nummer 2, Franziska Luthardt, darf zwar an den Relegationsspielen teilnehmen, aber im Falle eines erfolgreichen Endergebnisses in der nächsten Saison ihre Mannschaft nicht in der Verbandsliga unterstützen.
Auch in Gotha spielt in der ersten Bezirksliga Heike Hülß. Zwar hat die Mannschaft dieses Jahr keinen Aufstiegsplatz erspielen können, aber dies ist in Zukunft nicht ausgeschlossen.
Dann könnte bereits eine dritte Mannschaft in Thüringen vor dem selbem Problem sehen. Da auch momentan in Thüringen für Frauen keine Alternativen wie Spielgemeinschaften oder Dreiermannschaften erlaubt sind, bleibt eine Spielberechtigung von Frauen in der Verbandsliga der Herren die einzige Lösung spielstarke Frauen in Thüringen weiterhin für den Tischtennissport zu begeistern und vor allem auch zu fördern.
Mit freundlichen Grüßen
gez.:
Jan Clemens
Abteilungsleiter Tischtennis
TSV 1864 Mengersgereuth-Hämmern
Sieben Befürworter hatte der Antrag bei vier Enthaltungen und 13 Gegenstimmen. Was aus den Veröffentlichungen des Verbandes über die Anträge und Inhalte der Zusammenkunft unklar blieb, ob sich die Verantwortlichen des TTTV nunmehr ernstlich mit der Thematik beschäftigen oder weiterhin schlicht der Einfachheit halber auf die DTTB-Regelung verweisen werden.
Seit Jahren setzt sich der TTTV gegen das Gebaren des DTTB zur Wehr; bittet darum, die Probleme aus Thüringer Sicht bzw. die der neuen und kleineren Bundesländer zu sehen. So wie der DTTB den TTTV negiert, so wenig Akzeptanz hat das seit Jahren schwelende Problem des Damen- und Mädchensports. Von den anderen Baustellen soll an dieser Stelle nur teils bzw. gar keine Rede sein.
Geht es um den Einsatz leistungsstarker Damen in der Herren-Verbandsliga, wäre ein positiver Beschluss nur logisch. Die DTTB-Regelung könnte ignoriert werden, also de facto eine Sonderregelung geschaffen werden. Welche Konsequenzen man beim TTTV befürchtet, dürfte auch ein promovierter Astronom nicht in den Sternen lesen können.
Der TTTV hat mit seiner Entscheidung zum wiederholten Male verpasst, die Fehler aus der Vergangenheit, in der der Damen- und Mädchensport stiefmütterlich behandelt worden ist, zu korrigieren.
Nicht auszudenken, wenn der Stammverein von Franziska Luthardt sein Verbandsligateam nach der Jahresversammlung zurückgezogen hätte. Dann wäre dem Verband der Spiegel des Chaos zum wiederholten Male vor die Nase gehalten worden.
Schon im Dezember letzten Jahres war nämlich absehbar, dass in Nordthüringen (Schlotheim), Ostthüringen (Weißenborn) und Südthüringen (Meng-Hämm) Mannschaften um den Aufstieg in die Verbandsliga spielen, die mit spielstarken Damen agieren.
Der Sportausschuss des TTTV muss sich fragen lassen, warum er sich nicht mit dem Thema der Damen in der Verbandsliga beschäftigt hat? Vielmehr erfolgte nur der Verweis auf die anstehende Jahresversammlung, bei der man ja einen Antrag stellen könnte.
Der eigene Beitrag, leistungsstarken Mädchen und Damen den Zugang zu spielstarken Ligen zu ermöglichen, blieb und bleibt beim TTTV gleich Null. Darauf zu verweisen, die Damen könnten ja in den Damenligen spielen, ist schlichtweg eine Frechheit und bedarf bei dem offensichtlichen Nichterkennen einfachster, selbst eingebrockter Mechanismen keines weiteren Kommentars.
Dass der TTTV genauso wie zahlreiche andere Landesverbände nur noch „verwalten anstatt zu gestalten“, ist das grundlegende Problem. Die Arbeit beschränkt sich auf die Organisation des Wettspielbetriebs und die Kontrolle von Regelungen und Bestimmungen.
Sich in die Lage der Vereine zu versetzen, Prozesse zu erleichtern, zukunftsweisende, ja, vielleicht auch ganz neue Wege zu gehen – das sind aber die eigentliche und bedeutsamen Aufgaben von Verbänden und eben des TTTV.
Vielleicht hat wenigstens einer der Beteiligten an der Jahresversammlung einmal kritisch hinterfragt, warum die Stelle des Landestrainers mittelfristig komplett wegfallen wird. Dann hätte die Führungsriege zugeben müssen, dass es seit Jahren verschlafen wurde, die Grundlagen für einen sinnhaften Nachwuchsleistungssport zu schaffen. Sind Verträge mit Auswahlspieler gemacht worden? Warum sind nie die besten Akteure am Sportgymnasium gewesen? Wo ist der „Stützpunktverein“ für Auswahlspieler im Lande Thüringen? Und, und, und...
Ein einfaches wie treffendes Beispiel dafür, wie die „Hausaufgaben“ durch die Verbandsverantwortlichen in den vergangenen Jahren eben nicht gemacht worden sind.
Mit der Gipfel des Eisberges ist ebenso der Umgang mit verdienten Verantwortlichen und die Pflege des Ehrenamtes. Exemplarisch dafür soll Johannes Altenburger genannt werden. Der Funktionär war über Jahrzehnte Vorsitzender des Bezirksfachausschusses Gera und Ostthüringens, Mitgründer des TTTV und späterer Vizepräsident. Dass man so einen verdienstvollen Mann nach seinem langsamen Rückzug in den Ruhestand nicht mit der Ehrenmitgliedschaft im Verband dankte, war schon allein ein Armutszeugnis. Einen ausgewiesenen Fachmann und jahrzehntelangen Arbeiter für den Tischtennissport in Thüringen aber nicht einmal als Ehrengast zu einer Jahresversammlung einzuladen, ist mit Worten nicht zu beschreiben und bringt die leider so erbärmliche Verfassung des Verbandes vollends zu Tage.
P.S.: Liebe Verbandsvertreter! Nach dem Lesen des Beitrages könnt Ihr sauer über die offenen und klaren Worte sein. Bei kritischer Selbsteinschätzung Eurer Arbeit dürfte der richtige Schluss aber dann doch gezogen werden: Endlich muss das "Gestalten-anstatt-zu-verwalten!" verinnerlicht und umgesetzt werden. Herzlichen Dank im Namen unseres Sports!