Tischtennis [09.07.15/bj]: Die Jahresversammlung des Thüringer Tischtennis-Verbandes am letzten Juliwochenende wurde mit Spannung erwartet, schließlich sollte es um die zukünftige Mannschaftsstärke der Teams in den Verbands- und Thüringenligen gehen. Das Ergebnis: Es bleibt alles beim Alten.
Nachdem im vergangenen Jahr auf Viererteams orientiert wurde, wurde dem Vorschlag zugestimmt, auch weiterhin mit Sechsermannschaften zu agieren. Die Formulierung: „Die Spiele der Thüringenliga, der Verbandsligen und der Bezirksligen der Herren werden nach dem 6er-Paarkreuzsystem (WO des DTTB, 6) durchgeführt“, wurde mit 16 Ja-, 10 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen festgeschrieben.
Weiter ging es um die klarere Regelung der Spielplanung. Hier wurde beschlossen, dass „die Durchführung von Punktspielen an Wochentagen (Montag bis Freitag) nur bei gegenseitigem Einverständnis möglich. Die Kreisverbände können hierzu eigenständige Regelungen erlassen.“
Eine Ansetzung von Spieltagen der Spielklassen oberhalb der Kreisliga an Werktagen ist folglich nur an Wochenenden möglich, ansonsten nur mit Zustimmung beider Mannschaften.
In der Berichterstattung des Präsidenten Uwe Schlütter wurden vorwiegend sportpolitische Themen behandelt, da die innerverbandliche Arbeit und deren Ergebnisse in den Ressortberichten verdeutlicht wurden.
Diskutiert wurde die Vereinheitlichung des Ergebniserfassungssystem und damit der Ligaverwaltung. Der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) hatte die flächendeckende Einführung von „click-tt“ beschlossen. Eine einleuchtende Begründung gab es damals vom Dachverband. Alle Spielberechtigten in Deutschland wären dann vergleichbar und in einer Rangliste geführt.
Der Haken an der Sache ist die Finanzierung. Derzeit zahlt der Thüringer Tischtennis-Verband für die Nutzung von „tt-info“ pro Saison 3.400 Euro. Der DTTB setzt pro Spieljahr rund 4.000 Euro an. Gleichzeitig soll für die Aufnahme in „click-tt“ ein Betrag von 13.650 Euro fällig werden.
Gegen die Zwangseinführung von „click-tt“ ging der Thüringer Tischtennis-Verband in der Vergangenheit mit anderen betroffenen Verbänden juristisch vor. Allerdings ohne spürbaren Erfolg. Hinter vorgehaltener Hand wird deutlich, warum das so ist. „Der DTTB sitzt als Dachverband an den längeren Hebeln und wird die Einführung durchsetzen. So oder so.“
Warum der TTTV mit anderen Verbänden gegen die Einführung war, begründet sich auch darin, dass der DTTB nach der flächendeckenden Nutzung des Systems „click-tt“ eine Monopolstellung hat und den Verbänden nach Belieben vorschreiben kann, wie hoch die jährlichen Gebühren sein bzw. steigen werden.
Da die großen Verbände wie Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen allein mit ihren Stimmen die Mehrheit bei Entscheidungen haben, besteht die Gefahr, dass die kleinen Verbände noch mehr unter die Räder kommen als es bisher, u.a. bei „click-tt“, praktiziert wird. Nach der Umstellung der Stimmenverhältnisse nach den Mitgliederzahlen in den Verbänden können Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt nichts mehr mitbestimmen oder beeinflussen, wenn sich die Großverbände einig sind.
Wann „click-tt“ unterdessen in Thüringen eingeführt wird, steht noch nicht fest. In Thüringen wird vorerst weiter mit „tt-info“ gearbeitet. Der regelmäßige Austausch der Daten, damit die TTR-Punkte errechnet werden können, erfolgt ohnehin schon. Die deutschlandweite Vergleichbarkeit ist also so oder so gegeben.
Der Thüringer Tischtennis-Verband informiert rechtzeitig über den Stand der Einführung von „click-tt“.
Kommentar:
Wenn der Sport nicht mehr im Mittelpunkt steht
In Deutschland ist der Sport so aufgebaut, dass ein Dachverband wie der Deutsche Tischtennis-Bund im strukturellen Aufbau „ganz oben“ steht. Darunter befinden sich die Landesfachverbände, darunter die Bezirks- und Kreisverbände.
In den untergeordneten Gliederungen gibt es regionale Besonderheiten, die auf dieser Ebene Berücksichtigung finden müssen. Sei es die Mannschaftsstärke oder die Ligenanzahl.
Aufgabe des Dachverbandes ist es, für alle Verbände und deren Probleme und Chancen da zu sein. Sprich ein Dachverband hat Sorge für eine gesunde Entwicklung zu tragen. Als Verbandszwecke des DTTB sind zwar „die Förderung des Tischtennissports und die Förderung der Jugendarbeit“ formuliert, aber zu der Arbeit mit Verbänden und die Berücksichtigung einer flächendeckenden Entwicklung des Tischtennissports findet sich im „§ 5 Zweckverwirklichung und Aufgaben“ kein Wort. Dafür finden sich Schwerpunkte wie „die Schaffung, Fortschreibung und Überwachung der Einhaltung der Satzung, der Ordnungen“ oder die Betreuung von Spielerwechseln.
Wie der Umgang funktioniert, macht das Beispiel der aufgezwungenen Einführung von „click-tt“ für ganz Deutschland deutlich. Mit der Stimmenmehrheit der großen Verbände wurde über die Köpfe der kleinen Verbände die Einführung entschieden. Einher geht damit auch Verpflichtung, die finanziellen Kosten zu tragen. „tt-info“ funktioniert seit Jahren sehr gut, ist technisch leicht händelbar und übersichtlicher als „click-tt“ (wo beispielsweise nicht einmal Ersatzspieler gekennzeichnet sind und angezeigt werden, wenn sie höherklassig spielen usw.).
Wenn der chronisch klamme Thüringer Tischtennis-Verband nunmehr für die Einführung einmalig 13.650 Euro zu zahlen hat, dazu pro Jahr knapp über 4.000 Euro, kann nur der Eindruck einer fehlenden Basisnähe und der einer generalstabsmäßigen Abzocke entstehen. Zumal das „Einführungsprojekt“ (Aufstellung und Erarbeitung der Verbandsstruktur, Ligenstruktur, Adminrechte-Vergabe, Schulungen, Einspielen von Daten, Verbandsbesonderheiten im Spielbetrieb für tt-Info) noch einmal je nach Zeitaufwand zu bezahlen ist.
Anstatt der Dachverband seine Verantwortung gegenüber Verbänden wie dem Thüringer Tischtennis-Verband wahrnimmt, werden wieder einmal übergeordnete basisfremde Entscheidungen getroffen, die letztendlich von den Spielern und Vereinen vor Ort zu zahlen sind. Dass der DTTB seit Jahren einen der höchsten Beiträge im deutschen Sport hat, passt in den Kontext des fehlenden Fingerspitzengefühls für die Basis.
Im deutschen Sport ist die (Fehl-)Entwicklung aber kein Einzelfall.
Ein Beispiel gefällig: Das Fußball-Aushängeschild vor Weißenborns Nase, der FC Carl Zeiss Jena, meldete für die Spielplanung der Regionalliga, dass man am 1. Spieltag zuerst daheim, am 2. Spieltag auswärts spielen möchte. Grund dafür war, dass am ersten Augustwochenende das heimische Ernst-Abbe-Sportfeld durch ein Leichtathletikmeeting nicht genutzt werden kann.
Die Ansetzungen kamen heraus. Jena hat zuerst auswärts und dann zu Hause gegen Schönberg zu spielen. Auf die Nachfrage, warum der Wunsch nicht berücksichtigt wurde, gab es den Konter vom Nordostdeutschen Fußballverband, dass nicht jeder der insgesamt 70 Wünsche der Vereine berücksichtigt werden konnte. Jena könnte ja das Spiel am Pokalwochenende (7.-9. August) durchführen, war der Ratschlag des NOFV. Auf den Hinweis Jenas hin, dass der Verein im DFB-Pokal gegen den Hamburger SV spielt, wurde in offensichtlicher Unkenntnis überrascht reagiert und eine Verlegung empfohlen.
Nach aktuellem Stand wird die Begegnung gegen die aus Amateuren bestehende Mannschaft aus dem knapp 600 Kilometer entfernten Schönberg an einem Mittwochabend stattfinden müssen.
Sie haben gelacht? Da muss man wirklich - bis man sich das noch einmal durch den Kopf gehen lässt. Dann wackelt der Kopf - vor Fassungslosigkeit.