Tischtennis: in der gestrigen Ausgabe der Ostthüringer Zeitung wurde über unseren Tischtennisfreund Benjamin Poser berichtet.

 


Einstellung bleibt Glücksfall für einen Schwerbehinderten


Der schwerbehinderte IT-Experte Benjamin Poser fand nach 60 Bewerbungen im Eisenberger Waldkrankenhaus als Informatiker eine Stelle. Leider ist sonst eine Absage eher der Regelfall.
Eisenberg. Seit einem Jahr ist für Benjamin Poser die Welt wieder in Ordnung. Wenn er frühmorgens in das Eisenberger Waldkrankenhaus "Rudolf Elle" zur Arbeit kommt, begrüßen ihn die Kollegen freundlich, er hat sein eigenes Büro, in dem er seinem Tagwerk als Informatiker nachgehen kann.

Dass er einer regulären Arbeit nachgehen kann, hat der schwerbehinderte IT-Experte nicht zuletzt der Aufgeschlossenheit seines Arbeitgebers zu verdanken. Denn ein Job in der Wirtschaft bleibt vielen Menschen mit Behinderung nach wie vor verwehrt. "In dem halben Jahr meiner Arbeitslosigkeit habe ich über 60 Bewerbungen auf ausgeschriebene Stellen abgeschickt, die meinem Profil entsprachen. Geholfen hat es nicht: Absagen waren die Regel", erzählt der 27-Jährige, der zuvor jahrelang bei einem Online-Versandhandel gearbeitet hatte.

Nach wie vor scheuen sich Firmenchefs oder Personalleiter in Deutschland, Menschen mit Behinderung eine Chance in ihren Unternehmen zu geben. Allein im Bereich der Agentur für Arbeit Jena haben rund 750 Menschen mit Behinderung so gut wie keine Chance, auf dem Arbeitsmarkt einen Job zu ergattern. "Während im Zeitraum von Oktober 2010 bis Oktober dieses Jahres im Agenturbereich die reguläre Arbeitslosigkeit um zehn Prozent zurückgegangen ist, ist der Anteil der arbeitslosen Schwerbehinderten nur um ein Prozent gesunken", sagt Agenturchef Dr. Ulrich Gawellek. Gründe hierfür kann er viele anführen. "Eine schwere Behinderung wird leider immer noch gleichgesetzt mit verminderter Leistung, mit hohen Ausfallzeiten oder Stress im Fall einer Kündigung." Dabei zeigten Menschen wie Benjamin Poser, dass sich Schwerbehinderte mit einer hohen Leistungsbereitschaft und Motivation in das Unternehmen einbrächten.

Für Krankenhaus-Personalchefin Martina Schreyer ist die Anstellung von Benjamin Poser derweil die normalste Sache der Welt. "Wir haben eine Stelle für den IT-Bereich ausgeschrieben und natürlich auch Herrn Poser zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen", erzählt sie. Obwohl der Weißenborner nicht alle Kriterien erfüllt hätte, habe man sich für ihn entschieden. "Wir haben Krankenschwestern und Pfleger mit Behinderungen, die eine ausgezeichnete Arbeit leisten. Wir sehen keinen Grund, Menschen mit Behinderung bei uns nicht zu beschäftigen", sagt die Personalchefin. Dabei gehe es dem Krankenhaus auch nicht vordergründig darum, die vorgeschriebene Beschäftigtenquote für Behinderte zu erfüllen, um der Zahlung der Ausgleichsabgabe zu entkommen. Die müssen diejenigen Unternehmen zahlen, die prozentual zur Gesamtbelegschaft zu wenig Menschen mit Behinderung in ihrer Firma eingestellt haben.

Gawellek hält das Regularium für legitim, steht aber einer weiteren Erhöhung der Ausgleichsabgabe ablehnend gegenüber. "Das bringt nicht mehr Beschäftigung für behinderte Arbeitnehmer." Michael Kauer, der künftige Krankenhaus-Personalchef, sieht das ähnlich. Wichtiger sei es, Vorurteile abzubauen. Schließlich könnte es jeden treffen. "Man kann ganz schnell auf der anderen Seite des Tisches sitzen", verwies er auf eine plötzliche Krankheit oder einen Unfall.

Benjamin Poser selbst sieht in dem starken Kündigungsschutz, den behinderte Menschen genießen, einen wesentlichen Grund, warum die Hürde zur Arbeitswelt so hoch ist. "Wäre der Kündigungsschutz niedriger, ich denke, dann würden auch mehr Unternehmer einem behinderten Menschen eher die Chance auf einen Job einräumen", ist er sich sicher.


Mit freundlicher Genehmigung von Autor Frank Kalla / 06.12.11

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